Rinder in den Alpen

Ein Steak aus dem Drucker?

In der vergangenen Woche hatte ich Gelegenheit, dem Vortrag eines Zukunfts-/ Trendforschers zu lauschen. Er berichtete über die Trends, digitale Entwicklungen und neueste Forschungen, die heute teils in den Kinderschuhen stecken, die jedoch nach seiner Einschätzung (wahrscheinlich) in unserem Alltagsleben in 5 oder 10 Jahren allgegenwärtig und erschwinglich für die meisten von uns sein werden. „Na ja, nun mal langsam“, schoss es mir, begleitet von einem Stirnrunzeln und Grinsen, bei einigen  Beispielen durch den Kopf .

Besteck auf einem Drucker
Warten auf das Steak

Obwohl:

Das muss man zugegeben, da hat sich in den letzten beiden Dekaden extrem viel getan: Zu Beginn das sirrende Modem, was arg dem Tinnitusgeräusch nah kam und einem gaaanz langsam Zugang ins Internet verschaffte, aber erstmal nur, wenn keiner telefonierte…. bis uns ISDN erlöste. Dann der Übergang von Diskette auf CD – was haben wir nicht alles mittels CD´s Brennen kopiert. Dann digitale Fotos, Handys, MP3, Iphone, Flachbildschirm. Alles erstmal für den Privatnutzer nicht wirklich erschwinglich, nur absolute Technikfreaks leisteten sich die ersten Markteroberer. Doch schon bald und wie der Forscher sagt, mit ständig zunehmender Geschwindigkeit, verdoppelte sich die Leistungsfähigkeit der digitalen Geräte und halbierte sich der Preis, so dass den Freaks bald die Normalverbraucher folgten.

Es ist ja vor allem die Skepsis, die dem Nicht-Freak bei der Begegnung mit einem neuen „Device“ durch die Jacke kriecht.  Ich muss immer mal daran denken, wie vor etwas über 4 Jahren (in Worten: vier!) ein Freund zum Essen einlud: Wir betraten die Wohnung des Apple-Jüngers. Er präsentierte uns stolz sein erstes Ipad, es war in Deutschland gerade auf den Markt gekommen. Wir, natürlich skeptisch: „Okaayyy…. Keine Tasten? Kannste drucken? CD´s abspielen? Brennen? USB-Stick anschließen?“ Er: „Nein, aber es ist total praktisch, Du kannst z.B. Deine Rezepte darauf speichern und es in die Küche stellen, musst sie nicht ausdrucken, Du kannst überall an deinen Dateien arbeiten, hast immer Zugriff darauf, Synchronisieren ist bald out, es soll für sämtliche Dateien eine ICloud (??)  kommen,  kannst auf der Couch ins Internet, Bücher darauf lesen etc. etc. !“ Und es fielen ihm noch sehr viele weitere Nutzen ein. Ja, wir waren ratlos und auch ein wenig überheblich: „So ein Quatsch“, waren noch die netteren Gedanken, die sich aufdrängten.

Doch nach weniger als einem Jahr hatte ich auch mein erstes Ipad, nun speichere ich darauf meine Rezepte und stelle es beim Kochen in die Küche, liege auf der Couch und tummele mich im Internet (es ist deutlich bequemer als mit dem Laptop), habe meine Fotos und vieles andere in der Cloud (in der „Luft“), spiele Musik darüber ab, will es nicht mehr missen…

Das fiel mir ein, als der Trendforscher über die 3D-Drucker der Zukunft schwadronierte, und ich mich zwanghaft bemühte, meinen Gesichtsausdruck von skeptisch-ablehnend in offen-interessiert zu wandeln (Ob es mir gelang? Ich weiß ich nicht? Kein Selfie gemacht.).

Gut, er sprach vom Modellbau, Pistolen und Weihnachtskugeln, die schon heute mit 3D-Druckern angefertigt werden – geschenkt, weiß ich. Dann kam er aber dazu, dass es erste Firmen gibt, die sich daran begeben, ganze Häuser zu drucken, in 10 Tagen zu einem Zehntel des Preises, den ein „analoges“ Haus kosten würde. Huch – äh, dann würden ja die Immobilienpreise verfallen? Abwarten und verdrängen.

Was mich aber doch sehr fesselte, waren die Berichte über Unternehmen, die ihre Forschungen auf das Drucken von biologischem – also menschlichem und tierischem – Gewebe konzentrieren (Bioprinting ist das Wort, das wir da lernen). Das eine könnte in der Medizin mal richtig helfen, z.B. passgenau neue Herzklappen aus einem Zellenmix des Kranken drucken lassen oder Körperteile, gar Organe ausdrucken und ohne Abstoßungsreaktion implantieren. Hört sich bestens an – und kompliziert. Da ich maximal mit einem laienhaften medizinischen Halbwissen ausgestattet bin, verbiete ich mir mal weitere Anmerkungen dazu.

Was aber ist mit dem Druck von tierischen Geweben, wenn in acht Jahren aus entnommenen Zellen von ein paar Rindern ein Zellenmix gezüchtet wird, der dann zu einem Steak oder Hackfleisch gedruckt wird? Angeblich hat ein Firmenchef vor Journalistenaugen bereits ein gedrucktes Steak gefuttert mit der Bemerkung: „Es schmeckt nicht besser als ein herkömmliches Steak – aber auch  nicht schlechter, wie ein Steak eben.“

Damit kann ich mir wirklich eine Revolution vorstellen: In der Metzgerei wird mir in 10 Jahren ein astrein gedrucktes Filet zu Alpenrinder auf der Weideeinem günstigen Preis neben einem Grillstück vom echten Rind zum 10fachen Preis angeboten. Oder noch besser: Ich geh nicht in die Metzgerei, sondern daheim an den Kühlschrank, jedoch nicht, um ein Steak rauszuholen, sondern um mit dem passenden Zellenmix ein Schweineschnitzel oder ein Würstchen zu drucken. Mein gedrucktes Fleisch schmeckt rein und wunderbar, ohne Fischmehlgeschmack wegen Billigfütterung. Die Vegetarier müssen keine Tofoschnitzel mehr essen, denn kein Tier musste sterben oder in der Massentierhaltung darben, damit ein  Stück Fleisch auf dem Teller landet.  Mein Steak ist so konfiguriert, dass alle meine Nahrungsmittelunverträglichkeiten berücksichtigt sind (keine Aminosäuren x, keine Antibiotika, keine Farbstoffe, keine was weiß ich). Food-Blogs werden über die besten Bioprint-Drucker Blumenwiese für die Rinderberichten und Rezepte für den aromatischsten Zellenmix erproben, der heute nur mit Handfütterung von Maronen oder frisch gezupften Kräutern erzielbar ist.

 

Holzfüße auf dem Markt

Meine krummen Füße erhalten auf Maß gedruckte, weiche und atmungsaktive Lederschuhe – frisch aus dem Leder-Drucker, eine Revolution für alle Schuhfachverkäufer!

Holland wird endlich seiner Güllefluten Herr und muss sie nicht nach NRW kutschieren, die Luft (nicht die Cloud) wird von klimaverändernden Methanausstößen der Rinder- und Schweineherden entlastet.

Tja, Mastbetriebe, Futterhersteller, Schlachtereien müssten sich auf die Herstellung oder den Vertrieb von Druckern, Zellenmixes oder Rezepten verlegen – irgendwas ist ja immer.

Aber, ich sag mal so, wenn es denn so weit ist (und die Betonung liegt durchaus auf wenn), werde ich mich der Zukunft nicht verschließen, werde mein Gewissen erleichtern, ich werd das Steak probieren – und wenn es schmeckt? Warum eigentlich nicht?

Die Zukunft hat schon begonnen. Wer mir nicht glaubt, darf einmal hier und dort nachlesen – interessant ist es allemal.

2 Kommentare zu „Ein Steak aus dem Drucker?“

Hinterlasse einen Kommentar