Sylt – jawohl, schön ist es da!
Keine Sorge, das wird jetzt kein klassischer Reisebericht, dafür gibt es reichlich kompetentere Syltkenner als mich. Doch während meines dritten Aufenthaltes muss ich mal kurz eine Lanze für die Insel in der Nordsee brechen.
Sylt umgibt ja auch irgendwie ein Mythos, man wird gerne von der Seite beäugt, wenn man von seinen Syltplänen berichtet: „Ach, zu viel Geld, was? Oh, wollen wir zu den Reichen und Schönen gehören? Fahr doch nach Holland!“ Alles schon gehört. Oder in den Gedanken gelesen…
Meine ersten Antworten arteten ja schon fast in Rechtfertigungen aus. Wat `n Quatsch!

Sylt und die Schönen und Reichen
Ja, auf Sylt kann man alles haben, richtig teuer essen und trinken, tolle Autos bewundern, Promis beobachten, wunderschöne mit Reet gedeckte Häuser bestaunen, die für einen 2 Wochenaufenthalt die Jahresmiete einer Großstadtwohnung im Ruhrgebiet verschlingen. Geht alles. Und man glaubt vor seiner ersten Reise nach Sylt, hier gäbe es nur eingeschworene Gemeinschaften und Cliquen.
Wat´n Quatsch!

Also, ich hab hier noch keinen Promi gesehen, schleiche allerdings auch nicht durch die Heckenrosen als zerschundener Paparazzi und sitze genauso wenig 5 Stunden in einer Promibar bei einem Glas Wasser mit gezückter Kamera. Nö – Promialarm hab ich noch nicht erlebt – wahrscheinlich erkenn´ ich die eh´ nicht, bei meiner berüchtigten Gesicht-Legasthenie.
Auch nicht in der Sansibar hab ich Berühmtheiten entdeckt. Die Sansibar hat mir nur durch ihre kreative, tolle Speisekarte, den netten nordisch-charmanten Service und die entspannten Gäste gefallen. Eins der unzähligen Beispiele für das Sylt-Feeling: Wir saßen in der bekannten Dünenkuhle an einem Tisch mit drei fröhlichen Ruhrgebiet-Omis, die jüngste war 80, die nächste 82 und die älteste 87. Tja, und hier sind es dann die älteren eines solchen Trios, die natürlich ein Glas Wein trinken und nach vorne und zur Seite plaudern. Herrlich! Und ob ich Thunfischtatar esse oder einen Kaffee trinke – immer alle gleich nett!

Die Gäste machen das Sylt aus
So sind sie hier alle versammelt:
Die Älteren, die jedes Jahr nach Sylt kommen, manchmal auch mehrfach im Jahr. Liebenswürdig, wie sie einem bereitwillig aus ihrem Leben und von ihren Sylterfahrungen erzählen. Gestern der 85jährige Hesse, der freimütig berichtete, wie er immer mit dem Auto nach Sylt komme und dass er nicht mehr der schnellste sei (oh ja, wir haben sie erlebt, die betagten Schnittbremser auf der Landstraße…).
Die Mittelalten, die sich – noch im Businessmodus – über die lange Anfahrt und die vielen Staus aufregen und so langsam entspannen. Die Jungen, die zum Kitesurfen nach Westerland brausen (in diesem Jahr ist dort Weltcup, bin gespannt) – alle kommen sie an, gehen erstmal zu Gosch, trinken ein paar Wein oder Prosecco, essen super Fisch für kleines Geld oder nur ein Fischbrötchen und … reden miteinander.
Ein wunderbares Geschnatter herrscht dort, bei Gosch. Alle Tische rappelsvoll, bei schönem Wetter auch die Stufen draußen, selbstverständlich setzt man sich zu anderen an den Tisch, nix Clique, nix Reviergehabe. Holt erst 2 Gläschen, dann – ach was, wat soll der Quatsch? – eine ganze Flasche, und plappert drauflos, nach links, rechts, vorne, und warten darauf, dass endlich die Sonne untergeht.
Die heile Welt ist einfach schön
Ja, hier ist man unter sich, nur eben allemann, jeder, der hier ist, gehört dazu. Hauptsache, er findet es schön, hier zu sein, das genügt. So erleben wir das ständig auf Sylt. Es ist ein wenig heile Welt, das ist auch mal schön, finde ich…..
Und es ist aufgeräumt, hier latscht man nicht durch Fritten auf dem Boden oder sitzt an mit Mayonnaise beschmierten Tischen, nö, aufgeräumt, entspannend, relaxed. Selbst an der Hamburger Bude (Beach Box), wo ich als routinierte Gabel-Messer-Benutzerin mit dem Monsterburger ohne Besteck kämpfen musste – alles aufgeräumt, stilvoll, schnodderig schön.
Unsere Ferienwohnung ist geschmackvoll eingerichtet, gemütlich, auch wenn es wie gerade stürmt, kostet nicht mehr als anderswo (inkl. der Nachbarländer). Gut, wir haben kein Reetdach ….. aber seh ich das von drinnen?
Essen geht hier überall und zu jedem Preis: Friesisch, mondän, Crossover, Imbiss-Stile – alles drin, man kann hier arm werden, muss man aber nicht, auf jeden Fall wird man glücklich satt. Enttäuscht von der Qualität wurde ich noch nie! Und wenn die Lust auf das auswärtige Essen ausbleibt, gibt es nicht nur einen Feinkost-Laden (wie Feinkost Meier), der mit seinen frisch zubereiteten Meeresfrüchtesalaten das Abendessen zu Hause perfekt macht…


Und Natur gibts hier
Laufen, wandern, mit oder ohne Sand, am Ende immer wieder eine nette Destination, am Kliff entlang oder zum Watt, und zurück. Natur pur. Alles da…. sauber, ohne Teerklumpen, Kotbeutel für die Hunde an jeder Ecke.. muss ja auch mal gesagt werden.
Und der Haken? Die Anfahrt!
Ach, es ist aus dem Rheinland einfach eine Quälerei, hier hoch zu kommen. Sylt ist natürlich der Strand der Hamburger, für die ist es easy und perfekt. Aber für den Rheinländer ist es schon ein Pääds-Weg (ein Pferde-Mörder-Weg)! Die A1 hoch (oder auch die A2) zieht sich, und dann durch Hamburg, durch den Elbtunnel, die Landstraße zum Sylt-Shuttle, ewiglich…. und auch gerne Staus, im Moment durch Baustellen-Ketten im Norden vervielfacht. Die haben unserem Hund (und nicht nur ihm) den letzten Nerv geraubt.

Diesmal wollten wir den Wartezeiten am Shuttle in Schleswig-Holstein ein Schnippchen schlagen und sind (nach Zwischenübernachtung) bis Dänemark zur Fähre gefahren. Doch: Eine nicht enden wollende Landstraße mit den älteren Schnittbremsern (s.o.) vor uns hat uns eines Besseren belehrt. Beim nächsten mal wieder Shuttle – oder gleich Norderney … das ist ja das Inselchen der Sylt-Anfahrts-Verweigerern aus NRW. Da gibt es im Übrigen mittlerweile auch einen Gosch.
Mein Fazit zu Sylt
Dennoch: Auf meiner Skala von Nord- und Ostsee-Aufenthalten inklusive Holland und Belgien hat Sylt definitiv 10 Punkte.
Meine Eindrücke von einigen Trauminseln in wärmeren Gegenden der Welt findet Ihr ebenfalls in meinem Blog. Vielleicht ist was für Eure nächsten Urlaubspläne dabei.